Der Automobilmarkt in Deutschland ist von enormer Bedeutung für Wirtschaft und Gesellschaft. Die deutsche Autoindustrie gilt als wichtigster Industriezweig des Landes und treibende Kraft für Innovationen. Mit einem Umsatz von über 560 Milliarden Euro im Jahr 2023 und knapp 780.000 direkt Beschäftigten ist die Branche ein zentraler Pfeiler der deutschen Wirtschaft. Deutsche Automarken wie Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW genießen weltweit einen exzellenten Ruf für Qualität und Ingenieurskunst. Gleichzeitig befindet sich die Branche in einem tiefgreifenden Wandel hin zu Elektromobilität und neuen Technologien. Dieser Artikel gibt einen umfassenden Überblick über den aktuellen Zustand des deutschen Automobilmarkts, beleuchtet die Rolle der heimischen Hersteller und ihre globale Position, diskutiert technologische Trends und stellt die Perspektiven sowie Herausforderungen der kommenden Jahre dar.
Aktueller Zustand des deutschen Automobilmarkts
Der deutsche Pkw-Markt hat sich nach den Krisenjahren 2020–2022 wieder deutlich erholt. Im Jahr 2023 wurden rund 2,84 Millionen Personenkraftwagen neu zugelassen, etwa 7 % mehr als im Vorjahr. Trotz dieses Wachstums liegt der Markt damit noch immer rund 21 % unter dem Niveau von 2019, dem letzten Vorkrisenjahr. Die vergangenen Jahre waren geprägt von der COVID-19-Pandemie, Lieferkettenproblemen (insbesondere dem Halbleitermangel) und weiteren wirtschaftlichen Unsicherheiten. 2023 entspannten sich diese Engpässe spürbar – die Produktion und Nachfrage konnten wieder anziehen.
Auch strukturell zeigen sich interessante Entwicklungen: In Deutschland sind SUVs und Geländewagen weiterhin die gefragtesten Fahrzeugsegmente, sie machten 2023 über 40 % aller Neuzulassungen aus. Gleichzeitig stagniert die Nachfrage nach Kleinstwagen und Vans. Ein wichtiger Trend ist die zunehmende Elektrifizierung des Marktes. 2023 wurden erstmals mehr als eine halbe Million reine Elektroautos (Battery Electric Vehicles, BEV) neu zugelassen. Das entspricht einem BEV-Anteil von 18,4 % an den Gesamtzulassungen (2022: 17,7 %). Zählt man Plug-in-Hybride hinzu, war etwa jedes vierte neue Auto 2023 elektrisch angetrieben. Allerdings ging durch die Reduzierung staatlicher Kaufprämien insbesondere der Absatz von Plug-in-Hybriden stark zurück, während reine Elektro-Pkw weiter zulegten. Dieser Transformationsprozess spiegelt sich auch in der Strategie der Hersteller wider (dazu später mehr).
Die Marktanteile im Inland verteilen sich weiterhin zugunsten der deutschen Marken. Über die Hälfte der Neuzulassungen stammte 2023 von deutschen Automarken, was die Dominanz der heimischen Hersteller auf dem Heimatmarkt unterstreicht. Importmarken wie Škoda, Hyundai oder Toyota folgen mit deutlichem Abstand und jeweils einstelligen Marktanteilen. Insgesamt konnte die Automobilbranche in Deutschland 2023 wieder zulegen, befindet sich wirtschaftlich aber in einer Übergangsphase: Auf der einen Seite steht die stabile Nachfrage – insbesondere gewerbliche Zulassungen stiegen zweistellig – auf der anderen Seite der Druck zur Transformation in Richtung nachhaltiger Mobilität.
Deutsche Hersteller im Fokus
Die deutschen Automobilhersteller gehören zu den weltweit führenden Unternehmen der Branche. Insbesondere Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW prägen den Markt in Deutschland und haben global hohe Bedeutung.
Volkswagen AG ist gemessen an Absatz und Umsatz der größte deutsche Automobilkonzern. Zum Volkswagen-Konzern gehören neben der Kernmarke VW auch namhafte Tochtermarken wie Audi, Porsche, Škoda, Seat, Bentley und weitere. In Deutschland ist Volkswagen seit Jahrzehnten die unangefochten stärkste Marke – jeder fünfte neu zugelassene Pkw trägt hierzulande das VW-Logo (Marktanteil 2023: ca. 18 %). Modelle wie der VW Golf oder Tiguan führen regelmäßig die Zulassungsstatistiken an. International zählt Volkswagen zu den absatzstärksten Automobilherstellern überhaupt. 2023 lieferte der Konzern rund 9,2 Millionen Fahrzeuge weltweit aus, was einer deutlichen Erholung (+12 %) gegenüber dem Vorjahr entspricht. Damit bewegt sich Volkswagen wieder in der Größenordnung der globalen Nr. 1 Toyota. Die breite Markenpalette ermöglicht VW die Präsenz in nahezu allen Segmenten – vom Kleinwagen (VW Polo) über Volumenmodelle (VW Golf, Škoda Octavia) bis hin zu Premium-Fahrzeugen (Audi, Porsche). Trotz dieser Größe steht Volkswagen vor Herausforderungen, etwa in der Software-Entwicklung und beim Ausbau seiner Elektroauto-Flotte. Konzernchef Oliver Blume forciert die Transformation, indem u. a. neue Elektro-Plattformen entwickelt und Investitionen in Batteriefabriken getätigt werden. Der Heimatmarkt bleibt währenddessen ein wichtiger Rückhalt: Marken des VW-Konzerns erreichten 2023 zusammen fast 40 % Marktanteil in Deutschland (inklusive Audi, Škoda & Co.) und untermauerten so ihre Führungsposition.
Mercedes-Benz Group (ehemals Daimler AG) ist ein Urgestein der deutschen Automobilindustrie und steht synonym für Premium-Automobile „Made in Germany“. Unter dem Konzerndach befinden sich die Pkw-Marke Mercedes-Benz sowie Ableger wie Mercedes-AMG (Performance-Fahrzeuge) und Maybach (Luxuslimousinen) sowie die Nutzfahrzeugsparte Vans. Mercedes-Benz ist im deutschen Markt vor allem im Premiumsegment stark: 2023 war Mercedes mit knapp 10 % Marktanteil die zweitstärkste Pkw-Marke Deutschlands. Bei Modellen der oberen Mittelklasse und Luxusklasse – von der C-Klasse über den SUV GLC bis zur S-Klasse – zählt Mercedes traditionell zu den Marktführern. Global ist Mercedes-Benz einer der größten Premiumhersteller: 2023 verkaufte die Mercedes-Benz Group weltweit etwa 2,49 Millionen Fahrzeuge (Pkw und Vans). Besonders wichtig sind dabei exportstarke Baureihen wie die E- und S-Klasse, die international hohe Stückzahlen erreichen, vor allem in China und den USA. Mercedes-Benz betont zunehmend elektrische und digitale Innovationen. So war Mercedes 2022 der erste Automobilhersteller mit einer zulassungsfähigen Level-3-Autopilot-Funktion („Drive Pilot“) in Serie, die unter bestimmten Bedingungen autonomes Fahren ermöglicht. Ebenso investiert das Unternehmen stark in Elektroautos – von der Kompaktklasse EQA/EQB bis zum Luxus-SUV EQS – mit dem Ziel, bis 2030 in vielen Märkten nur noch Elektrofahrzeuge anzubieten. Trotz großer Tradition treibt Mercedes einen Kulturwandel voran: weg vom klassischen Verbrennerhersteller hin zu einem modernen Mobilitätsanbieter mit Fokus auf Software, Elektrotechnik und Nachhaltigkeit.
BMW Group aus München komplettiert die „großen Drei“ der deutschen Hersteller. BMW steht für sportliche Premium-Autos und innovative Technik. Neben der Hauptmarke BMW gehören auch Mini und Rolls-Royce (Luxusmarke) zum Konzern. In Deutschland hält BMW einen Marktanteil von gut 8 % und liegt damit dicht hinter Mercedes und Audi. Modelle wie die 3er- und 5er-Reihe oder die SUV der X-Serie sind hierzulande wie international sehr beliebt. Weltweit erzielte die BMW Group 2023 einen Absatzrekord: 2,55 Millionen Fahrzeuge wurden ausgeliefert, rund 6,5 % mehr als im Vorjahr. Damit konnte BMW seine Position als einer der führenden Premiumhersteller untermauern – Marke BMW war 2023 erneut die weltweite Nummer 1 im Premium-Segment, noch vor dem Erzrivalen Mercedes-Benz. Auch BMW investiert massiv in Zukunftstechnologien. Die Palette an Elektroautos wächst ständig (aktuell u. a. Modelle iX, i4, i7, iX1); 15 % des Absatzes 2023 waren bereits vollelektrisch. Zugleich setzt BMW auf digitale Dienste (Stichwort „ConnectedDrive“) und testet hochautomatisierte Fahrfunktionen, etwa im neuen 7er und i5. Charakteristisch für BMW ist das Beharren auf flexiblen Strategien: Der Konzern entwickelt Verbrenner, Hybride, reine Elektroautos und sogar Wasserstoff-Testfahrzeuge parallel – um für unterschiedliche Märkte gerüstet zu sein. Diese breite Aufstellung soll den Übergang ins Elektrozeitalter ermöglichen, ohne Stammkunden zu verlieren.
Neben den „großen Drei“ gibt es weitere bedeutende deutsche Automarken. Audi und Porsche seien hier hervorgehoben – beide gehören zum Volkswagen-Konzern, agieren aber mit eigenständigem Profil. Audi mit Sitz in Ingolstadt ist spezialisiert auf Premiummodelle und innovative Antriebe (z. B. e-tron Elektrofahrzeuge) und hielt 2023 in Deutschland etwa 9 % Marktanteil. Porsche aus Stuttgart, berühmt für seine Sportwagenikonen 911 und Panamera, konnte 2023 weltweit über 300.000 Fahrzeuge absetzen – ein Rekordwert – und wächst insbesondere mit SUV-Modellen wie Cayenne und Macan sowie dem Elektro-Sportwagen Taycan. Auf dem deutschen Markt spielt Porsche mit rund 1 % Anteil zwar eine kleinere Rolle in der Masse, genießt aber ein äußerst prestigeträchtiges Image. Schließlich ist mit Opel eine traditionsreiche Marke zu nennen: Opel hat ihre Wurzeln in Rüsselsheim und war lange Teil von General Motors, gehört inzwischen jedoch zum Stellantis-Konzern. Opel hält in Deutschland einen Marktanteil um 5 % und ist vor allem in der Kompakt- und Kleinwagenklasse (Corsa, Astra) stark. Die Marke befindet sich ebenfalls in der Elektrifizierungs-Offensive – Opel will ab 2028 in Europa nur noch Elektroautos anbieten.
Zusammen genommen dominieren deutsche Hersteller den Heimatmarkt und spielen international in allen Fahrzeugklassen mit. Die breite Modellpalette und globale Präsenz – von Volumenfahrzeugen bis Luxusautos – verschaffen den deutschen Marken eine Ausnahmestellung, die es in den kommenden Jahren zu behaupten gilt.
Entwicklung der deutschen Automarken auf dem Weltmarkt
Die deutschen Automobilhersteller sind nicht nur national, sondern weltweit führend und enorm exportorientiert. Deutschland selbst ist als Produktionsstandort stark auf den Export ausgerichtet: Von den 2023 in Deutschland produzierten 4,1 Millionen Pkw wurden etwa 76 % ins Ausland exportiert. Offene Märkte und der globale Handel sind somit essenziell für den Automobilstandort Deutschland. Gleichzeitig produzieren die deutschen Konzerne mittlerweile an zahlreichen Auslandsstandorten – von China über die USA bis Osteuropa –, um näher an ihren wichtigsten Absatzmärkten zu sein. Im Jahr 2023 fertigten die deutschen Hersteller rund **10 Millionen Pkw außerhalb Deutschlands】, beispielsweise in großen Werken in China, Mexiko, Südafrika, den USA und anderswo. Diese internationale Aufstellung sichert einerseits den Zugang zu Wachstumsmärkten, birgt andererseits aber Abhängigkeiten (etwa von China) und macht die Branche anfällig für Handelskonflikte.
China hat sich in den letzten Jahrzehnten zum größten Einzelmarkt für viele deutsche Hersteller entwickelt. Volkswagen etwa lieferte 2023 über 3,2 Millionen Fahrzeuge in China aus – nahezu so viele wie in ganz Westeuropa. Auch BMW und Mercedes erzielen jeweils rund ein Drittel ihrer weltweiten Verkäufe im chinesischen Markt. Die starke Stellung in China hat zu großem Wachstum verholfen, erfordert aber auch Anpassungsfähigkeit an lokale Bedürfnisse (z. B. spezielle Langversionen von Modellen) und birgt Risiken durch geopolitische Spannungen. Neben China bleiben die USA und Europa zentrale Absatzregionen: In den USA zählen die deutschen Premiumhersteller seit Jahren zu den beliebtesten Importmarken im Luxussegment (BMW und Mercedes wechseln sich hier an der Spitze ab). Volkswagen versucht, in den USA nach früheren Rückschlägen (wie der Dieselaffäre) mit SUVs und E-Modellen wieder Marktanteile zu gewinnen. In Europa selbst dominieren die deutschen Hersteller in vielen Ländern die Zulassungsstatistiken – nicht nur zu Hause, sondern etwa auch in Österreich, Belgien oder der Schweiz liegen VW, Audi, BMW oder Mercedes häufig vorn.
Weltweit gesehen rangiert die Volkswagen AG unter den Top-2-Autokonzernen nach Stückzahl – meist direkt hinter Toyota. 2023 war Volkswagen mit über 9 Millionen verkauften Fahrzeugen die klare Nummer 2 global und könnte perspektivisch wieder um die Spitzenposition konkurrieren. BMW und Mercedes-Benz liegen im Gesamtvolumen zwar deutlich darunter, sind aber die führenden Premium-Hersteller weltweit. Besonders im hochpreisigen Segment (Luxuslimousinen, Sportwagen) sind deutsche Marken überproportional erfolgreich. Audi als Teil des VW-Konzerns komplettiert die deutsche Präsenz im Premiumfeld und kämpft mit BMW und Mercedes um Marktanteile in Europa, den USA und China.
Die globale Bedeutung der deutschen Hersteller zeigt sich auch in der Innovationsführerschaft: Deutsche Premiumfahrzeuge setzen oft technologische Maßstäbe, sei es bei Sicherheitsstandards, Motoren oder neuerdings Elektroantrieben. Dieses Image trägt wesentlich zum Exporterfolg bei. Allerdings nimmt der Wettbewerb auf dem Weltmarkt zu. Amerikanische Hersteller (allen voran Tesla im E-Auto-Bereich) und verstärkt chinesische Automarken drängen international auf den Markt. Bisher spielen chinesische Pkw-Hersteller in Europa noch eine kleine Rolle (2023 kamen z. B. nur gut 1 % der Neuwagen in Deutschland aus chinesischer Produktion). Doch in Zukunft könnten Marken wie BYD, Nio, Geely/Polestar oder MG stärker konkurrieren, insbesondere im Elektroauto-Segment. Die deutschen Konzerne müssen daher ihre Position ständig verteidigen – mit hoher Qualität, technischer Innovation und globaler Präsenz. Ihre Stärke auf dem Weltmarkt beruht darauf, dass „German Engineering“ in vielen Ländern als Qualitätsmerkmal gilt und deutsche Autos – vom VW Golf bis zur Mercedes S-Klasse – seit Jahrzehnten einen hervorragenden Ruf genießen. Dieses Vertrauen der Kunden weltweit ist ein wertvolles Kapital, das aber angesichts neuer Wettbewerber und veränderter Kundenansprüche immer wieder neu bestätigt werden muss.
Elektromobilität, autonomes Fahren und Digitalisierung
Die Autobranche durchläuft aktuell einen Technologiewandel, der alle Hersteller herausfordert. Elektromobilität, autonomes Fahren und Digitalisierung sind die zentralen Innovationsfelder, in die auch BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen massiv investieren.
Elektromobilität
Die deutschen Hersteller haben in den letzten Jahren zahlreiche Elektrofahrzeuge auf den Markt gebracht und ambitionierte Pläne vorgelegt. Volkswagen etwa will bis 2030 den Anteil reiner Elektroautos an seinem Absatz in Europa auf 80 % steigern. Modelle wie der VW ID.3, ID.4/ID.5 und der neuere ID. Buzz (Elektro-Bus) bilden den Grundstein der vollelektrischen ID-Familie. Auch die Konzernmarken ziehen nach: Audi bietet e-tron SUV und den RS e-tron GT an, Porsche feiert Erfolge mit dem Taycan und plant vollelektrische Versionen des Macan und 718. Mercedes-Benz hat eine eigene Elektro-Modellpalette namens EQ aufgebaut (von EQA bis EQS, sowie EQE, EQV etc.). BMW brachte früh den i3 heraus und hat nun mit BMW i4, iX, i7, iX1 und anderen eine breite Range, die stetig wächst – bis 2025 will BMW ein Viertel seines Absatzes elektrisch erzielen. Die Zulassungszahlen zeigen ebenfalls den Trend: Allein Volkswagen konnte 2023 in Deutschland über 70.000 neue E-Autos absetzen und war damit die erfolgreichste Elektro-Marke vor Tesla. BMW und Mercedes folgen mit beschleunigtem Wachstum (Mercedes steigerte 2023 seinen weltweiten BEV-Absatz um 73 %, BMW gar um 74 % gegenüber Vorjahr). Trotz dieser Fortschritte liegen die Deutschen im reinen E-Auto-Markt global noch hinter Tesla zurück – Tesla lieferte 2023 weltweit über 1,3 Millionen Elektroautos aus. Doch durch hohe Investitionen (die deutsche Autoindustrie investiert 2024–2028 rund 280 Mrd. € in Forschung und Entwicklung, v. a. in E-Mobilität) und viele neue Modelle sollen Lücken geschlossen werden. Ein Beispiel ist die Entwicklung neuer Batterietechnologien und eigener Zellfabriken in Deutschland (etwa Volkswagen in Salzgitter oder Konsortien mit BASF). Die Elektromobilität steht im Zentrum der aktuellen Innovationsanstrengungen, da sie auch politisch forciert wird – die EU hat beschlossen, ab 2035 nur noch CO₂-freie Neuwagen zuzulassen. Entsprechend treiben die Hersteller den Abschied vom Verbrennungsmotor voran: Mercedes-Benz etwa hat angekündigt, „bereit zu sein, bis 2030 vollelektrisch zu werden“ (wo immer der Markt es zulässt). BMW setzt auf die „Neue Klasse“, eine kommende Generation von Elektroautos mit eigener Plattform ab 2025. Gleichzeitig arbeiten alle an effizienteren Verbrennungsmotoren (Euro-7-Norm steht vor der Tür) und alternativen Kraftstoffen, um die Übergangszeit zu meistern. Porsche investiert z. B. in E-Fuels als synthetische Treibstoffe für Sportwagen, um langfristig auch Verbrenner klimaneutral betreiben zu können – wobei diese Technologie eher Nischenlösung bleiben dürfte.
Autonomes Fahren
Die Vision vom selbstfahrenden Auto treibt die Branche seit Jahren um. Deutsche Hersteller zählen hier zur Spitzengruppe, besonders beim hoch- und vollautomatisierten Fahren. Mercedes-Benz übernahm eine Vorreiterrolle, indem es 2022 als erstes Unternehmen eine Zulassung für ein Level-3-System im Serienfahrzeug erhielt. Das „Drive Pilot“-System erlaubt es unter bestimmten Bedingungen (auf Autobahnen bis 60 km/h, künftig bis 130 km/h) die Fahraufgabe an das Fahrzeug zu übergeben – der Fahrer darf dann rechtlich z. B. Emails lesen, während das Auto selbstständig im Stau fährt. Ab 2025 soll Drive Pilot in Deutschland sogar bis 95 km/h nutzbar sein. BMW und Audi entwickeln ebenfalls entsprechende Technologien: BMW integrierte in den neuen 7er bereits ein System für zeitweise autonome Fahrmanöver („Personal Pilot“), das in ersten Märkten bei Stau funktioniert. Auch Volkswagen investierte in autonomes Fahren – etwa mit seiner Nutzfahrzeug-Tochter Traton (Lkw-Platooning) oder über Kooperationen (VW war an Argo AI beteiligt, das Robotaxi-Technologien entwickelte). Allerdings musste VW nach der Auflösung von Argo AI 2022 neue Wege gehen und kooperiert nun mit Mobileye und anderen Partnern. In der Digitalisierung des Fahrzeugs setzen die Hersteller verstärkt auf eigene Software und künstliche Intelligenz: Volkswagen gründete das Software-Unternehmen Cariad, um ein einheitliches Betriebssystem für alle Konzernmarken zu entwickeln – ein Projekt, das jedoch mit Verzögerungen kämpft. Mercedes-Benz arbeitet an einem MB.OS (Mercedes-Benz Operating System) für seine künftigen Modelle, inklusive einer tieferen Integration von Infotainment, Assistenzsystemen und Cloud-Diensten. BMW setzt auf seine bewährte iDrive-Plattform, die ständig erweitert wird, und hat Partnerschaften (z. B. mit Qualcomm für Chips, mit Mobileye für Sensorik), um autonomes Fahren der Stufe 3 in Serie zu bringen.
Digitalisierung und Vernetzung
Moderne Autos sind längst „fahrende Computer“. Die deutschen Hersteller haben ihre Fahrzeuge mit vielfältigen Connected-Car-Funktionen ausgestattet – vom Online-Navigationsupdate über Smartphone-Integration bis zu Ferndiagnosen und Over-the-Air-Updates der Fahrzeugsoftware. Funktionen, die früher mechanisch waren, werden heute elektronisch gesteuert. Dies eröffnet auch neue Geschäftsmodelle: Etwa bieten BMW oder Mercedes Software-Features gegen Aufpreis an (Stichwort Freischaltung von Sitzheizung oder Leistungs-Boost per Software-Upgrade). Solche Konzepte stoßen zwar teils auf Kritik, zeigen aber, wohin die Reise geht: Software wird zur entscheidenden Differenzierung. Die Hersteller investieren in digitale Dienste wie personalisierte Mobilitätsangebote, Carsharing-Plattformen (BMW/Mini waren z. B. an DriveNow beteiligt, Daimler an car2go – mittlerweile fusioniert als SHARE NOW) und Apps, die dem Kunden ein nahtloses Nutzererlebnis bieten sollen. Zudem vernetzen sich Fahrzeuge untereinander und mit der Umgebung (Car-to-X-Kommunikation), was künftig Verkehrsflüsse optimieren und Sicherheit erhöhen kann. Ein Beispiel ist die V2X-Technologie von VW, bei der neue Modelle Warnmeldungen über Gefahrenstellen empfangen und senden können.
In Summe rüsten sich die deutschen Autobauer technologisch für die Zukunft: Elektrische Antriebe, intelligente Assistenzsysteme und digitale Services sind die Felder, in denen momentan ein Innovationswettlauf stattfindet. Die Herausforderung besteht darin, diese neuen Technologien zuverlässig und in großem Maßstab in die Fahrzeugproduktion einzubringen, ohne die etablierte Qualität und Rentabilität zu gefährden. Die bisherigen Ergebnisse – etwa die positive Resonanz auf Modelle wie den Audi e-tron GT, die Mercedes EQS Limousine oder den BMW iX – zeigen, dass die deutschen Marken technologisch aufholen. Gleichzeitig sind sie gezwungen, agiler und softwareorientierter zu werden, um mit Tech-Konkurrenten und Start-ups mithalten zu können.
Zukunftsperspektiven und Herausforderungen
Die kommenden Jahre werden für den deutschen Automobilmarkt und seine Hersteller entscheidend. Klimaschutz, neue Wettbewerber und wirtschaftlicher Wandel setzen die Branche unter Anpassungsdruck. Doch ebenso eröffnen sich Chancen durch Technologievorsprung und neue Geschäftsfelder. Im Folgenden die wichtigsten Perspektiven und Herausforderungen:
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Klimaneutralität und Regulatorik: Die EU-Klimaziele verlangen von der Autoindustrie massive CO₂-Reduktionen. Ab 2035 dürfen in Europa de facto nur noch emissionsfreie Neuwagen verkauft werden. Die deutschen Hersteller haben daher ehrgeizige Nachhaltigkeitsziele formuliert: So strebt Mercedes-Benz an, bis 2039 eine klimaneutrale Neuwagenflotte zu erreichen (unter Einbeziehung von Produktion und Nutzung). Volkswagen peilt Klimaneutralität bis spätestens 2050 an und will bereits 2030 die Emissionen pro Fahrzeug um 30 % senken. BMW verfolgt ähnliche Pfade. Die Erfüllung dieser Vorgaben erfordert den schnellen Hochlauf der E-Mobilität, den Ausstieg aus dem Verbrenner sowie grünen Strom und Recycling in der Wertschöpfungskette. Regulatorische Änderungen wie strengere Abgasnormen (Euro 7) und höhere CO₂-Preise erhöhen den Druck zusätzlich, belasten aber kurzfristig auch die Entwicklungsbudgets.
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Transformation zur Elektromobilität: Der Umstieg vom Verbrennungsmotor zur Elektrotechnik ist wohl die größte Transformation in der Geschichte der Branche. Die Unternehmen müssen ihre Fertigung umrüsten (Motorenwerke werden perspektivisch überflüssig, dafür entstehen Batteriefabriken), Mitarbeitende weiterqualifizieren und parallel noch Verbrenner-Modelle finanzieren, die auslaufen. Das erfordert enorme Investitionen. Zudem hängt der Erfolg von äußeren Faktoren ab: Eine flächendeckende Ladeinfrastruktur in Deutschland und Europa muss aufgebaut werden, um E-Autos massentauglich zu machen. Hier kooperieren die Hersteller teils (etwa im Joint-Venture IONITY für Schnellladestationen). Auch die Versorgung mit Rohstoffen wie Lithium, Kobalt oder Nickel für Batterien ist kritisch – deutsche Hersteller bemühen sich um Diversifizierung der Lieferketten und fördern Recycling, um weniger abhängig von einzelnen Ländern (z. B. China für Lithium) zu sein. Die Kosten von Elektroautos sind noch hoch; durch Skaleneffekte und technologischen Fortschritt sollen Batteriekosten jedoch sinken, sodass E-Autos in einigen Jahren auch ohne Subventionen wettbewerbsfähig werden.
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Neue Konkurrenz und Marktverschiebungen: Die traditionellen Hersteller sehen sich neuen Wettbewerbern gegenüber. Allen voran hat Tesla vorgemacht, wie man Elektroautos erfolgreich und in großen Stückzahlen fertigt – in Brandenburg betreibt Tesla bereits eine Gigafactory, was direkt vor der Haustür der deutschen Autoindustrie neue Maßstäbe setzt. Zudem drängen chinesische Hersteller mit preisgünstigen E-Modellen nach Europa. Marken wie BYD, Nio, Xpeng oder MG wollen mit hohem Tempo Marktanteile gewinnen. Gerade im Bereich Software und Elektronik kommen diese neuen Player oft aus einer stärkeren Tech-Tradition. Die deutschen Hersteller müssen daher nicht nur bei Autos als solchen, sondern auch im digitalen Nutzererlebnis konkurrenzfähig bleiben. Andererseits bieten sich Kooperationen: BMW etwa bezieht Batteriezellen von CATL (China), und Mercedes kooperiert mit US-Techfirmen (wie Google für Infotainment). Die Wettbewerbslandschaft wird vielfältiger – etwa könnten auch Tech-Konzerne (Stichwort Apple Car) als neue Mobilitätsanbieter auftreten. Die etablierten deutschen Marken setzen ihrem Renommee entgegen: Qualität, Sicherheit, Servicenetz und Markenvertrauen sind Pfunde, mit denen sie wuchern können. Dennoch gilt: Der Konkurrenzdruck steigt, was zu schnellerem Innovationstempo und verstärkter Kundenorientierung zwingt.
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Arbeitsmarkt und Strukturwandel: Die sozialökonomische Komponente der Transformation ist in Deutschland ein großes Thema. Die Autoindustrie beschäftigt direkt fast 800.000 Menschen – inklusive Zulieferer und Dienstleistungen hängen sogar rund 7 % der deutschen Arbeitsplätze an der Automobilwirtschaft. Die Umstellung auf E-Mobilität wird Teile dieser Beschäftigung verändern: Elektroautos kommen mit weniger Teilen aus als Verbrenner, und bestimmte klassische Komponenten (Motor, Getriebe, Auspuff) entfallen. Gleichzeitig entstehen neue Jobs in Softwareentwicklung, Batterietechnik und Elektronik. Ein zentrales Anliegen ist es, durch Umschulungen und Frühruhestandsmodelle einen sozialverträglichen Wandel zu gestalten, damit keine Massenarbeitslosigkeit in traditionellen Bereichen entsteht. Regionen wie Wolfsburg (VW) oder Stuttgart (Daimler/Mercedes) sind besonders abhängig von der Autoindustrie – hier unterstützt die Politik den Strukturwandel, etwa durch Förderprogramme für Batteriezellwerke (wie in Kaiserslautern oder Skellefteå mit Beteiligung deutscher Firmen) und Technologieinitiativen. Insgesamt bietet die Transformation auch Chancen: Die Nachfrage nach neuen Mobilitätslösungen wächst, es entstehen Start-ups im Bereich Software, Ladeinfrastruktur, Mobilitätsdienste – Bereiche, in denen Deutschland sich ebenfalls profilieren kann.
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Nachhaltigkeit und neue Mobilitätskonzepte: Über die Elektrifizierung hinaus beschäftigen Themen wie Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Produktion die Branche. Hersteller bemühen sich, den CO₂-Fußabdruck nicht nur im Auspuff, sondern über den gesamten Fahrzeuglebenszyklus zu senken – z. B. durch grünen Stahl, Recycling von Batteriematerial und Ökostrom in den Werken. Audi hat etwa CO₂-neutrale Produktion an einigen Standorten als Ziel definiert, BMW nutzt vermehrt recycelte Kunststoffe im Interieur, und Mercedes investiert in grünen Stahl für Karosserien. Zudem erweitern die Unternehmen ihr Portfolio an Mobilitätsdienstleistungen: Carsharing, Ride-Hailing, Abo-Modelle (Auto-Abos statt Kauf) werden getestet, um auf verändertes Kundenverhalten zu reagieren – vor allem in Städten, wo jüngere Generationen weniger an Eigentum und mehr an flexibler Mobilität interessiert sind. Diese digitalen Dienste können zusätzliche Erlösquellen erschließen, erfordern aber auch neue Kompetenzen jenseits des klassischen Fahrzeugbaus.
Zusammengefasst steht der deutsche Automobilmarkt vor einem doppelten Wandel: Intern muss die Industrie die technologische Revolution (E-Antriebe, Autonomie, Software) bewältigen, extern muss sie sich in einem härteren globalen Wettbewerb und unter klimapolitischen Auflagen behaupten. Die deutschen Hersteller gehen diesen Wandel mit erheblichen finanziellen Ressourcen und jahrzehntelanger Erfahrung an. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie erfolgreich die traditionellen Automobilgiganten den Spagat zwischen Bewahren ihrer Stärken und radikalem Neudenken schaffen. Klar ist: Die Automobilnation Deutschland befindet sich in der größten Umbruchphase seit Bestehen der Branche, doch sie hat schon oft bewiesen, dass sie sich neu erfinden kann. Mit ihrer Innovationskraft und dem Vertrauen in ihre Marken hat sie gute Voraussetzungen, auch die Mobilität der Zukunft maßgeblich mitzugestalten.
Marktanteile der größten deutschen Automarken
Die folgende Tabelle zeigt die Marktstellung der größten deutschen Automarken im Heimatmarkt. Aufgeführt sind die Pkw-Marktanteile 2023 in Deutschland sowie die entsprechende Rangfolge bei den Neuzulassungen:
Rang | Automarke | Marktanteil Deutschland 2023 (Neuzulassungen) |
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1. | Volkswagen | 18,2 % |
2. | Mercedes-Benz | 9,8 % |
3. | Audi | 8,7 % |
4. | BMW | 8,2 % |
5. | Opel | 5,1 % |
6. | Porsche | 1,2 % |
(Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt; Anteile gerundet. Weitere wichtige Marken wie Ford (4,1 %) oder Škoda (6–7 %) sind nicht deutscher Herkunft und daher hier nicht gelistet.)
Volkswagen bleibt mit großem Abstand Marktführer in Deutschland – etwa jedes fünfte neue Auto ist ein VW. Mercedes-Benz, Audi und BMW folgen nahezu gleichauf und dominieren gemeinsam das Premiumsegment. Opel hält als einziger deutscher Volumenhersteller außerhalb der deutschen „Top-3“ noch einen respektablen Anteil, obwohl die Marke heute in ausländischem Konzernbesitz (Stellantis) ist. Porsche als Sport- und Luxusmarke erreicht zwar nur einen kleinen Volumenanteil, genießt aber hohen Prestigecharakter. Zusammen demonstrieren diese Zahlen die nach wie vor starke Stellung der heimischen Automarken auf dem deutschen Markt.
QUELLEN:
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Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) – Pressemitteilung Jahresbilanz 2023
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Verband der Automobilindustrie (VDA) – Jahresbericht Neuzulassungen 2023 (Deutschland)
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Autohaus.de – „Neuwagenmarkt 2023: Deutsche Hersteller bauen Marktanteil aus“ (17.01.2024)
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Motor1.com Deutschland – „Neuzulassungen in Deutschland 2023: Die 10 beliebtesten Autos“ (08.01.2024)
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Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) – Branchenfokus Automobilindustrie 2023 (Statistik-Übersicht)
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Motor1.com Deutschland – „VW-Konzern hat weltweit 9,24 Millionen Autos in 2023 verkauft“ (10.01.2024)
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Press.BMWGroup.com – „Erfolgreiches Jahr 2023: BMW Group mit Absatzrekord…“ (Pressemitteilung, 09.01.2024)
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MBpassion.de – „Mercedes-Benz hat 2023 über 2,4 Millionen Fahrzeuge verkauft“ (11.01.2024)
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Auto Motor und Sport – „Neuzulassungen Elektroautos in Deutschland – Gesamtjahr 2023“ (09.01.2024)
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ADAC.de – „Pkw-Neuzulassungen im Mai 2025: Elektroautos boomen weiter“ (16.06.2025)