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Deutsche Hersteller suchen Ausweg aus der Elektrokrise
Deutsche Hersteller suchen Ausweg aus der Elektrokrise, Pixabay/Foto illustrativ

Die deutsche Automobilbranche steht unter Druck. Absatzprobleme bei Elektroautos, wachsende Konkurrenz aus China und politische Unsicherheiten bedrohen eine der wichtigsten Industrien des Landes. In Berlin fand am Donnerstag ein entscheidendes Treffen zwischen Politik, Managern und Gewerkschaften statt, um die Krise zu besprechen und mögliche Gegenmaßnahmen zu erörtern.

Inhaltsverzeichnis:

Merz fordert Aufhebung des Verbrenner-Verbots

Bundeskanzler Friedrich Merz hat angekündigt, das geplante Verkaufsverbot für Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 zu überdenken. Das Verbot sieht empfindliche Strafen für Hersteller vor, die ihre CO₂-Emissionen nicht ausreichend senken. Die Christlich-Demokratische Union (CDU) bezeichnet diese Regelung als Einschränkung für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Marken.

Merz erklärte, dass Technologien gefördert und nicht verboten werden sollten. Die Regierung prüft derzeit, ob ein Kompromiss möglich ist, der auch nach 2035 den Verkauf von Hybridfahrzeugen erlaubt. Gleichzeitig warnt der Ökonom Craig Mailey vom Institut Cox Automotive, dass solche politischen Diskussionen das Vertrauen der Verbraucher in die Verkehrswende schwächen könnten.

Merz fordert Aufhebung des Verbrenner-Verbots
Merz fordert Aufhebung des Verbrenner-Verbots, Foto: Pixabay
  • Geplantes EU-Verbot: 2035
  • CO₂-Strafen: Hohe Geldbußen bei Nichterfüllung
  • Position CDU: Aufhebung der Beschränkung
  • Alternative Lösung: Hybride auch nach 2035

Konkurrenz durch China und sinkende Gewinne

Die chinesischen Hersteller BYD und Nio drängen massiv auf den europäischen Markt. Sie bieten preisgünstige und technologisch fortschrittliche Elektrofahrzeuge an. Deutsche Marken wie Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz verlieren Marktanteile.

Auch die protektionistische Handelspolitik von Donald Trump belastet den deutschen Exportsektor. Im ersten Halbjahr 2025 sank der Betriebsgewinn von Volkswagen um ein Drittel auf 6,7 Milliarden Euro, während Mercedes-Benz einen Rückgang von 56 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro verzeichnete. Der Vorsteuergewinn von BMW fiel um 29 Prozent auf 4,02 Milliarden Euro.

Gewinne deutscher Hersteller im 1. Halbjahr 2025

Hersteller Gewinnrückgang (%) Gewinn (Mrd. Euro)
Mercedes-Benz 56 2,7
Volkswagen 33 6,7
BMW 29 4,02

Laut dem Ökonomen Sander Tordoir vom Centre for European Reform (CER) ist China die größte Herausforderung für die deutsche Autoindustrie. Er fordert eine koordinierte Industrie- und Handelspolitik innerhalb der Europäischen Union.

Subventionen und Steuererleichterungen als mögliche Lösung

Finanzminister Lars Klingbeil plant, die Steuerbefreiung für Elektrofahrzeuge bis 2030 zu verlängern. Ursprünglich sollte sie bereits Anfang 2026 auslaufen. Damit sollen Anreize geschaffen werden, den stagnierenden Absatz zu beleben.

Tordoir schlägt zudem vor, Subventionen für den Kauf von Elektroautos europaweit zu koordinieren. Derzeit liegt der durchschnittliche Rabatt beim Kauf neuer Fahrzeuge bei etwa 7.500 Euro.

In ganz Europa bestehen Überkapazitäten und eine sinkende Nachfrage. Besonders betroffen sind Zulieferer, von denen laut Verband der Automobilindustrie (VDA) rund 80 Prozent Investitionen verschieben oder ins Ausland verlagern wollen. Fast zwei Drittel planen Personalabbau.

Wichtige Kennzahlen laut EY-Bericht (Juni 2024–Juni 2025)

  1. Beschäftigungsverlust: rund 52.000 Stellen
  2. Belegschaftsrückgang: 6,7 %
  3. Export in die USA: –13,6 %
  4. Export nach China: –42 %

Europa sucht gemeinsame Strategie

Frankreich hat sein Förderprogramm überarbeitet und gewährt Zuschüsse von bis zu 7.000 Euro pro Fahrzeug, schließt jedoch Modelle aus Nicht-EU-Ländern aus, die mit kohlenstoffintensiver Energie hergestellt werden.

Die Europäische Union prüft derzeit Importzölle von bis zu 45,3 Prozent auf chinesische Elektrofahrzeuge. Einige Hersteller haben jedoch niedrigere Zollsätze ausgehandelt.

Tordoir betont, dass eine gemeinsame europäische Antwort notwendig ist. Europa müsse eng mit Partnern wie Japan, Südkorea, den USA und Großbritannien zusammenarbeiten, um den Markt zu stabilisieren und faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.

„Unsere wichtigsten Exportmärkte sind zufällig auch unsere Verbündeten“, erklärte Tordoir und verwies auf die Bedeutung der internationalen Kooperation.

Perspektiven für die deutsche Automobilindustrie

Trotz der Schwierigkeiten bleibt die Produktion in Deutschland aktiv. Viele Experten sehen Chancen für eine Erholung, wenn Regierung und Industrie gemeinsam handeln. Strategische Investitionen und staatliche Unterstützung könnten helfen, Innovationen zu fördern und die Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern.

Sander Tordoir betont, dass Europa das Potenzial habe, die Autos der Zukunft zu bauen. Die Branche benötige jedoch mehr Zeit und gezielte politische Maßnahmen, um sich an die neuen Marktbedingungen anzupassen.

Die deutsche Autoindustrie steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Doch mit entschlossenem Handeln kann sie ihren Platz im globalen Wettbewerb behaupten und den Übergang zur Elektromobilität erfolgreich gestalten.

Quelle: FOCUS, YouTube, BR24