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Künstliche Intelligenz in der Automobilindustrie
Künstliche Intelligenz in der Automobilindustrie, Foto: pexels

Künstliche Intelligenz (KI) hat in den letzten Jahren Einzug in moderne Fahrzeuge gehalten und verändert bereits heute spürbar das Fahrerlebnis. Funktionen, die früher als futuristisch galten, sind inzwischen in Serienfahrzeugen von Herstellern wie BMW, Tesla und Mercedes-Benz verfügbar. Anders als visionäre Zukunftsprognosen konzentriert sich dieser Überblick auf konkrete aktuelle Anwendungen von KI im Auto. Dazu zählen intelligente Sprachassistenten an Bord, Gestenerkennungssysteme zur Bedienung, die Analyse des individuellen Fahrstils zur Erhöhung von Sicherheit und Personalisierung sowie adaptive Tempomaten, die mithilfe von KI noch leistungsfähiger werden. Im Folgenden werden diese Technologien im Detail erläutert – wie sie funktionieren, welchen Nutzen sie bieten und in welchen Fahrzeugmodellen sie bereits heute zum Einsatz kommen.

Sprachassistenten im Auto

Sprachgesteuerte Assistenten haben sich zu einer Schlüsseltechnologie im Fahrzeug entwickelt. Moderne Bordcomputer verstehen natürliche Sprache und ermöglichen es Fahrer und Beifahrer, zahlreiche Funktionen per Stimme zu bedienen. Mercedes-Benz setzte 2018 mit dem MBUX-System einen Meilenstein: Der Sprachassistent, aktiviert durch das Stichwort „Hey Mercedes“, versteht dank KI gestützten Sprachverarbeitungs-Technologien auch umgangssprachliche Befehle. Sagt der Fahrer etwa „Mir ist kalt“, reagiert das System, indem es die Heizung höher stellt. Ebenso lassen sich Navigation und Unterhaltung per Sprache steuern. Mercedes entwickelte das System seither kontinuierlich weiter. Ende 2024 erhielt der MBUX-Assistent ein KI-Upgrade: Durch Integration von ChatGPT kann er nun auf Wissensfragen reagieren und in Dialogen Kontext verstehen. Beispielsweise sind Unterhaltungen mit Folgefragen möglich, und der Assistent greift online auf die Bing-Websuche zu, um aktuelle Antworten zu liefern. Dieses kostenlose Update wurde bereits für Millionen bestehender Mercedes-Fahrzeuge ausgerollt. Die Interaktion bleibt dabei gewohnt: Mit „Hey Mercedes“ wird der Assistent angesprochen. Neu ist jedoch, dass die Unterhaltung deutlich natürlicher wirkt – das System kann jetzt auch allgemeine Fragen (etwa zum Wetter, Nachrichten, Trivia) beantworten und nicht nur fahrzeugbezogene Befehle ausführen. Mercedes-Benz demonstriert damit, wie generative KI die Mensch-Maschine-Interaktion persönlicher und leistungsfähiger macht. Künftig soll der Assistent sogar vorausschauend handeln, etwa morgens automatisch Nachrichten vorlesen oder anbieten, eine Telefonkonferenz anzuwählen, wenn im Kalender ein Meeting ansteht und man verspätet ist.

Auch BMW bietet seit 2019 einen intelligenten Sprachassistenten an, den BMW Intelligent Personal Assistant. Aktiviert mit „Hey BMW“ (oder einem individuell festlegbaren Namen), erlaubt er die Steuerung zahlreicher Fahrzeugfunktionen per natürlicher Sprache. Dieses System ist ein eigens entwickelter KI-Assistent von BMW und in allen Modellen mit dem Betriebssystem 7.0 oder höher verfügbar (beispielsweise ab der 3er-Reihe G20 aufwärts). Der Assistent kann ähnlich wie sein Pendant von Mercedes Befehle verstehen wie „Fahre mich zum nächsten Bahnhof“ oder „Schalte das Abblendlicht ein“. Besonders hilfreich ist seine Fähigkeit, Erklärungen zu liefern – der Fahrer kann etwa fragen „Was bedeutet diese Warnleuchte?“ und erhält sofort eine Erklärung zur Fahrzeugfunktion. BMWs Sprachassistent besitzt eine Art Charakter: Man kann ihm einen Namen geben und ihm sogar spontane Fragen stellen. So ist dokumentiert, dass er auf die scherzhafte Frage „Hey BMW, was ist der Sinn des Lebens?“ eine humorvolle Antwort parat hat. Im Kern lernt der BMW-Assistent dank KI-Technologie die Vorlieben des Nutzers kennen. BMW selbst betont, dass der Assistent persönliche Gewohnheiten lernt und sich anpasst, um maßgeschneiderte Lösungen zu bieten. Praktisch bedeutet das, dass häufig genutzte Routen, favorisierte Fahrzeugtemperaturen oder bestimmte Telefonkontakte erkannt und bei Bedarf proaktiv angeboten werden. Diese Lernfähigkeit steigert sich mit jedem Sprachbefehl: Das System merkt sich wiederkehrende Muster und kann Vorschläge machen – zum Beispiel könnte es nach einiger Zeit automatisch das Navigationsziel „Arbeit“ vorschlagen, wenn man werktags morgens ins Auto steigt, ohne dass der Fahrer es explizit eingibt. All dies geschieht durch maschinelles Lernen im Hintergrund, teils lokal im Fahrzeug und teils über die Vernetzung mit BMW-Servern für komplexere Sprachverarbeitung.

Tesla verfolgt ebenfalls den Ansatz, das Fahrzeug per Sprache steuerbar zu machen, wenngleich mit leicht anderer Philosophie. In Tesla-Modellen gibt es keinen ausdrücklich benannten Assistenten mit Persönlichkeit, doch über die Sprachsteuerung lassen sich zahlreiche Funktionen regeln. Der Fahrer drückt am Lenkrad einen Knopf und spricht Kommandos wie „Navigiere zu [Adresse]“, „Stelle die Temperatur auf 21 Grad“ oder „Öffne Handschuhfach“. Das System erkennt natürliche Sprache recht zuverlässig und führt die Befehle aus – etwa Änderung der Klimaanlagen-Einstellung oder Zielsuche im Navigationssystem. Lange Zeit beschränkte sich Teslas Sprachbedienung auf diese direkte Befehlsebene ohne gesprochene Antwort des Autos. Doch Ende 2024 machte Tesla einen Schritt hin zu einem echten Sprachassistenten: Erstmals reagiert das Fahrzeug auf eine Begrüßung mit einer eigenen Sprachausgabe. Spricht man z.B. ein „Hello“ ins Auto (bei eingestellter englischer Systemsprache), antwortet das Tesla-System mit „Hello!“. Sogar ein deutschsprachiges „Hallo“ wurde bereits registriert, je nach Fahrzeugeinstellung. Damit signalisiert Tesla, dass an einem intelligenteren Dialogsystem gearbeitet wird. Die Aktualisierung dafür erfolgte über ein Over-the-Air-Update im Hintergrund, ohne dass der Nutzer aktiv neue Software installieren musste – ein Hinweis darauf, dass die Spracherkennung und -verarbeitung zu großen Teilen cloudbasiert ist. Obwohl Teslas Sprachsteuerung aktuell (Anfang 2025) noch rudimentär antwortet, deuten die jüngsten Verbesserungen – etwa schnellere und präzisere Erkennung von Befehlen – auf einen umfassenderen KI-Assistenten in naher Zukunft hin. Elon Musks Unternehmen hat öffentlich gemacht, dass es an einem eigenen Sprach-KI-System arbeitet (Stichwort „Grok“), das künftig komplexe Fragen beantworten und eine natürlichere Interaktion ermöglichen soll. Schon jetzt profitieren Tesla-Fahrer vom Komfort der Sprachbedienung, und bald dürfte diese noch vielfältiger werden.

Nutzen: Sprachassistenten erhöhen vor allem den Bedienkomfort und die Sicherheit. Fahrer können Einstellungen ändern oder Informationen abrufen, ohne die Hände vom Lenkrad zu nehmen oder lange Menüs zu durchsuchen. Dadurch bleibt der Blick häufiger auf der Straße, was die Ablenkung minimiert. Zudem trägt die fortschreitende Personalisierung – etwa dass der Assistent den Fahrer „versteht“ und auf ihn eingeht – zu einem positiveren Nutzungserlebnis bei. In den Premiumfahrzeugen von BMW und Mercedes gehört eine solche KI-gestützte Sprachsteuerung heute zum Ausstattungsstandard, aber auch Hersteller über das Luxus-Segment hinaus (u.a. einige Modelle der VW-Gruppe) integrieren zunehmend solche Systeme. Sie bilden auch die Grundlage dafür, dass das Auto zum digitalen Begleiter wird – ein Konzept, das über reines Befehlsausführen hinausgeht hin zu einem echten Dialog zwischen Mensch und Fahrzeug.

Gestenerkennungssysteme

Neben Sprache ist die Gestensteuerung eine weitere innovative Mensch-Maschine-Schnittstelle, bei der KI zum Einsatz kommt. Hierbei können bestimmte Handbewegungen des Fahrers (oder Beifahrers) vom Fahrzeug erkannt und als Befehle interpretiert werden. Das Ziel ist, die Fahrzeugbedienung noch intuitiver und ablenkungsärmer zu gestalten – im Idealfall genügt eine Geste in der Luft, um eine Funktion auszulösen, ohne Knöpfe drücken oder den Blick von der Straße wenden zu müssen.

Den Vorreiter bei serienmäßiger Gestenerkennung spielte BMW: Auf der IAA 2015 präsentierte BMW in der 7er-Reihe erstmals eine Gestensteuerung im Serienfahrzeug. Eine im Dachhimmel montierte 3D-Kamera überwacht dabei den Bereich über der Mittelkonsole, wo der Fahrer typischerweise mit der Hand gestikulieren würde. BMW definierte fünf grundlegende Handgesten, die das System unterscheiden kann. Ein praktisches Beispiel ist die Lautstärkeregelung: Kreist man mit dem ausgestreckten Zeigefinger im Uhrzeigersinn, wird die Musik lauter gedreht; kreist man gegen den Uhrzeigersinn, wird sie leiser. Ebenso kann man mit einer Wischbewegung der Hand Anrufe annehmen oder abweisen – ein „Winken“ nach rechts lehnt z.B. einen eingehenden Anruf ab. Sogar eine individuelle Belegung bestimmter Gesten mit Lieblingsfunktionen ist möglich (etwa könnte man einem Zwei-Finger-Zeichen eine Navigationsaktion zuordnen). Das System gibt Hilfestellung beim Lernen dieser Befehle:... Der Fahrer lernt die Gestensteuerung bei BMW schnell: Das Infotainment-Display blendet nach Tastendrücken sogar Hinweise ein, welche Handbewegung als Alternative verfügbar ist. So wird man mit den neuen Bedienmöglichkeiten vertraut gemacht und kann Radio, Telefon und Navigation berührungslos steuern.

Technisch setzt BMW – wie die meisten Hersteller – dabei auf Kamerasysteme. Eine im Dachhimmel integrierte 3D-Infrarotkamera erfasst die Handbewegungen im Luftraum über der Mittelkonsole. Ein Computerprogramm, das mit gespeicherten Bewegungsmustern hinterlegt ist, vergleicht die vom Fahrer ausgeführte Geste mit bekannten Mustern. Entspricht die Geste einem gültigen Befehl, wird die zugeordnete Aktion ausgelöst (z.B. Lautstärke ändern oder Anruf ablehnen). Hier kommt KI ins Spiel: Die Mustererkennung der Kamera kann mittels lernender Algorithmen kontinuierlich verbessert werden, um unterschiedliche Ausführungsarten einer Geste oder verschiedene Handformen und Personen sicher zu erkennen.

Auch Mercedes-Benz hat eine Gestenerkennung im Angebot, den MBUX Interieur-Assistent. Dieses System war erstmals 2019 in Modellen wie der A-Klasse als Option verfügbar und nutzt ebenfalls einen Kamerasensor im Dachbereich. Mercedes verfolgt dabei etwas andere Anwendungsfälle: So erkennt der Interieur-Assistent zum Beispiel, wenn der Fahrer bei Dunkelheit die Hand zum unbesetzten Beifahrersitz bewegt, und schaltet automatisch das entsprechende Leselicht ein, um dem Fahrer die Suche (nach z.B. abgelegten Gegenständen) zu erleichtern. Zieht der Fahrer die Hand zurück, erlischt das Licht selbsttätig wieder. Ebenso kann das System zwischen Fahrer- und Beifahrer unterscheiden – bewegt etwa der Beifahrer seine Hand in Richtung Touchscreen, verändert MBUX die Darstellung schon im Voraus (beispielsweise werden Bedienelemente hervorgehoben), weil erkannt wird, dass der Beifahrer etwas einstellen möchte. In der neuen S-Klasse geht Mercedes noch einen Schritt weiter: Dort beobachtet eine Innenraumkamera auch Kopf- und Blickbewegungen. Schaut der Fahrer beispielsweise über die Schulter nach hinten (ein Hinweis, dass er rückwärtsfahren will), öffnet das Fahrzeug automatisch den Sonnenrollo der Heckscheibe, um die Sicht nach hinten freizugeben. Solche Komfortfunktionen basieren auf einer KI-gestützten Interpretation von Gesten und Körperhaltung des Fahrers.

Tesla verzichtet in seinen aktuellen Serienmodellen bislang auf dedizierte Gestensteuerung. Die Marke setzt stark auf den zentralen Touchscreen und Sprachbefehle für die Bedienung und hat nur wenige physische Knöpfe im Innenraum. Gesten im klassischen Sinne (wie Winken oder Zeigen) werden von Tesla-Fahrzeugen nicht erkannt. Allerdings verfügen neuere Tesla-Modelle über eine Innenraumkamera, die primär zur Fahrerüberwachung (Aufmerksamkeit beim Autopilot-Betrieb) dient. Denkbar ist, dass Tesla diese Hardware künftig auch für erweiterte Interaktionen nutzt – offiziell ist dies jedoch noch nicht der Fall.

Nutzen und Herausforderungen: Gestenerkennungssysteme können die Bedienung weiter vereinfachen. Im Idealfall muss ein Fahrer nur eine Handbewegung ausführen, die er ohnehin intuitiv machen würde, und das Auto reagiert entsprechend – ohne dass Schalter gesucht oder Blicke von der Straße abgewendet werden müssen. Das erhöht die Sicherheit und den Komfort. Gerade für häufig genutzte Funktionen (Lautstärke, Anrufsteuerung etc.) kann dies im Alltag Zeit sparen. Allerdings stehen Gestensysteme noch vor Herausforderungen. So ist es schwierig, ungewollte Gesten von gewollten zu unterscheiden. Bewegt man z.B. beim Navigieren auf der Karte den Finger im Kreis über dem Bildschirm, könnte das System fälschlich denken, es solle die Lautstärke ändern. Oder ein Fahrer, der einem Passanten per Handzeichen Vorfahrt gewährt, löst womöglich unabsichtlich einen Steuerbefehl im Auto aus. Aus diesem Grund halten die Hersteller das Set an erkannten Gesten bewusst klein und eindeutig, um Verwechslungen zu minimieren. Mit fortschreitender KI-Entwicklung wird jedoch daran gearbeitet, Gesten noch präziser zu erfassen und kontextabhängig zu interpretieren. Perspektivisch könnte die Gestensteuerung dann ein gleichberechtigter Bedienkanal neben Spracheingabe, Touchscreen und klassischen Tasten werden. Aktuell bleibt sie vorrangig in Premiumfahrzeugen wie BMW 5er/7er oder Mercedes-Modellen der Oberklasse zu finden und wird oft als optionales Feature angeboten.

Analyse des Fahrstils - Sicherheit und Personalisierung

Fahrzeuge von heute beobachten nicht nur die Straße, sondern zunehmend auch den Fahrer und dessen Fahrweise. Durch KI-gestützte Analyse des Fahrstils können Autos sowohl Sicherheitsfunktionen verbessern als auch personalisierten Komfort bieten.

Ein zentrales Sicherheitsfeature in diesem Bereich ist die Müdigkeitserkennung. Mercedes-Benz führte bereits 2009 den ATTENTION ASSIST ein – ein System, das das Lenkverhalten des Fahrers überwacht und anhand eines Algorithmus Schlüsse auf dessen Aufmerksamkeitsgrad zieht. Es lernt während der ersten Minuten einer Fahrt den individuellen Fahrstil (die Normalkurve des Lenkens) und registriert dann Abweichungen wie häufige kleine Lenkkorrekturen oder Zickzackbewegungen, wie sie bei nachlassender Konzentration auftreten. Zusätzlich fließen Fahrtdauer und Uhrzeit in die Bewertung ein. Erkennt das System Anzeichen von Müdigkeit, warnt es den Fahrer optisch und akustisch – meist erscheint ein Symbol mit einer Kaffeetasse, das zu einer Pause mahnt. Ähnliche Systeme haben heute fast alle Hersteller im Programm. BMW und Tesla gehen bei der Fahrerüberwachung noch einen Schritt weiter und nutzen Kameras mit KI-Bildanalyse: In neueren BMW-Modellen (z.B. iX, 3er G20 mit „Driving Assistant Professional“) und in Teslas seit 2021 ist eine Infrarotkamera installiert, die die Augen des Fahrers beobachtet. Die KI-Software kann erkennen, ob die Augen geöffnet sind, wohin der Blick gerichtet ist und wie oft geblinzelt wird. Daraus lässt sich schließen, ob der Fahrer auf die Straße achtet oder möglicherweise abgelenkt bzw. schläfrig ist. Beim Einsatz von teilautonomen Fahrfunktionen (etwa Teslas Autopilot oder BMWs Spurhalteassistent) greift diese Überwachung ein: Richtet der Fahrer den Blick zu lange weg von der Fahrbahn, erfolgt eine Warnung (bei Tesla auch ein Vibrationsalarm über das Lenkrad). Ignoriert der Fahrer wiederholt die Warnungen, wird der Autopilot deaktiviert, um gefährlichem Sekundenschlaf vorzubeugen. Diese KI-gestützte Aufmerksamkeitserkennung erhöht nachweislich die Sicherheit, da sie Unaufmerksamkeit frühzeitig erkennt und gegensteuert.

Ein weiterer Aspekt ist die Fahrstilanalyse zur Fahrzeugkontrolle. Moderne Autos sammeln über zahlreiche Sensoren Daten darüber, wie gefahren wird – z.B. wie stark beschleunigt oder gebremst wird, wie gleichmäßig oder hektisch der Fahrer gasgibt und wie vorausschauend er fährt. Diese Daten können genutzt werden, um dem Fahrer Rückmeldung zu geben und das Fahrverhalten zu verbessern. BMW hat etwa in neuen Modellen einen Efficiency Trainer integriert. Dieses System analysiert permanent das Beschleunigungs- und Bremsverhalten sowie den Energiefluss (besonders relevant bei Hybrid und Elektrofahrzeugen). Fährt der Fahrer sehr vorausschauend und vermeidet unnötiges starkes Beschleunigen oder Bremsen, honoriert das System dies mit einem positiven Effizienz-Score und zeigt einen gewonnenen Reichweiten-Bonus an. Auf dem Display oder Head-up-Display erhält der Fahrer konkrete Tipps, z.B. „vom Gas gehen“ beim Annähern an einen Ortseingang oder eine Kreuzung, basierend auf Kamera- und Navigationsdaten. Hier greift KI ein, um aus der Umgebung (Verkehrszeichen, Streckenverlauf) Schlüsse zu ziehen und dem Fahrer personalisierte Hinweise für sparsames und sicheres Fahren zu geben. Das Ergebnis ist ein Lerneffekt: Der Fahrer wird quasi von seinem Fahrzeug gecoacht, sanfter und vorausschauender zu fahren, was sowohl Kraftstoff bzw. Energie spart als auch die Sicherheit erhöht.

Hersteller nutzen Fahrstil-Daten auch zur Personalisierung des Fahrerlebnisses. So lernt beispielsweise die Navigationssoftware BMW Maps (Stichwort Learning Navigation) aus den Gewohnheiten mit der persönlichen BMW-ID, welche Ziele der Fahrer häufig ansteuert und zu welcher Zeit. Das System kann daraufhin antizipieren, wohin die Reise wahrscheinlich geht. Bei Routinefahrten – etwa der tägliche Weg zur Arbeit – schlägt das Navi proaktiv das Ziel vor und warnt auf Wunsch vor Staus auf der gewohnten Strecke, ohne dass der Fahrer das Ziel manuell eingeben muss. Auch bevorzugte Fahreinstellungen lassen sich durch KI an das Profil des Fahrers anpassen. Mercedes-Benz experimentiert mit Systemen, die den Fahrmodus oder Ambientebeleuchtung je nach Stimmung oder Verhalten automatisch anpassen. Ein Beispiel: Erkennt das Fahrzeug einen sehr dynamischen Fahrstil auf kurvigen Landstraßen, könnte es vorschlagen, in den Sport-Modus zu wechseln (strafferes Fahrwerk, spontanere Gasannahme), um dem Wunsch des Fahrers nach agilem Fahren entgegenzukommen. Zwar werden solche Funktionen aktuell erst erprobt, doch technisch sind sie dank KI bereits umsetzbar. Hyundai hat 2020 als einer der ersten Hersteller ein System vorgestellt, das den Abstands-Tempomat an den individuellen Fahrstil anlernt – d.h. das Auto analysiert, wie dicht der Fahrer gewöhnlich auffährt und wie zügig er beschleunigt, und passt die Regel-Charakteristik des Tempomaten daran an. Diese Idee der personalisierten Fahrassistenz dürfte perspektivisch auch bei europäischen Herstellern aufgegriffen werden.

Schließlich gibt es KI-basierte Fahrstilanalyse auch im Dienste externer Anwendungen, etwa bei Telematik-Versicherungen. Tesla wertet z.B. in den USA das Fahrverhalten seiner Kunden detailliert aus und berechnet daraus einen Safety Score, der für die Versicherungstarife herangezogen wird. Starkes Beschleunigen, scharfes Bremsen, zu dichtes Auffahren oder häufiges Eingreifen der Notfallsysteme fließen in diesen Sicherheits-Score ein. Auf Basis dieser KI-Analyse werden verantwortungsvolle Fahrer mit niedrigeren Prämien belohnt. Auch wenn dies kein direkter Fahrzeugkomfort für den Fahrer ist, zeigt es doch, wie die im Auto durch KI gesammelten Daten unmittelbar Auswirkungen haben – in diesem Fall einen Anreiz schaffen, sicherheitsbewusster zu fahren.

Zusammengefasst trägt die Fahrstilanalyse auf zwei Ebenen bei: Sicherheit – durch Überwachung von Aufmerksamkeit und Warnung bei gefährlichem Verhalten – und Personalisierung – durch Anpassung des Fahrzeugs an die Vorlieben und Gewohnheiten des Nutzers. In aktuellen BMW-, Mercedes- und Tesla-Modellen findet man Elemente davon bereits realisiert, sei es der Müdigkeitswarner, die intelligente Navigation oder das persönliche Profil mit adaptiven Einstellungen. Das Auto von heute lernt den Fahrer kennen und unterstützt ihn, anstatt nur ein passives Werkzeug zu sein.

Adaptive Tempomaten und KI

Adaptive Tempomaten – auch Abstandsregeltempomat genannt – gehören zu den bekanntesten Fahrassistenzsystemen, die durch KI erheblich verbessert wurden. Ein adaptiver Tempomat hält im Gegensatz zum herkömmlichen Tempomat nicht nur eine feste Geschwindigkeit, sondern passt das Tempo automatisch dem Verkehrsfluss an. Er bremst das Fahrzeug ab, wenn ein langsameres Auto vorausfährt, und beschleunigt wieder auf die gewünschte Geschwindigkeit, sobald die Spur frei ist. Diese Funktion basiert auf Sensoren wie Radar (zur Distanzmessung) und Kameras (zur Objekterkennung) sowie einer intelligenten Regelungssoftware.

Frühere Generationen von Abstandsregeltempomaten arbeiteten vorwiegend regelbasiert: Ein Radarsensor erfasste den Abstand und ein simpler Regelalgorithmus hielt einen voreingestellten Abstand ein. Moderne Systeme nutzen zunehmend KI-Methoden, um komplexere Verkehrssituationen zu bewältigen. Tesla hat hierbei einen besonderen Ansatz: In aktuellen Modellen (Model 3/Y seit 2021) verzichtet Tesla komplett auf Radar und verlässt sich ausschließlich auf Kameras und neuronale Netze (Tesla Vision), um die Umgebung zu interpretieren. Die KI an Bord verarbeitet die Kamerabilder in Echtzeit, erkennt vorausfahrende Fahrzeuge, deren Geschwindigkeit und auch sich hinein drängende Fahrzeuge auf der eigenen Spur. Durch Machine-Learning-Modelle, die mit Millionen von Fahrkilometern Daten trainiert wurden, kann das Tesla-System z.B. vorhersehen, wenn ein Auto auf der Nachbarspur ausschert, und sanft das Tempo reduzieren, noch bevor ein menschlicher Fahrer reagieren würde. Das Ergebnis ist ein sehr flüssig reagierender adaptiver Autopilot, der dem Fahrverhalten eines aufmerksamen Menschen nahekommen soll. Allerdings sind solche rein KI-basierten Ansätze auch anspruchsvoll – Tesla musste Anfangs Probleme, etwa Phantombremsungen aufgrund fehlinterpretierter Kameradaten, durch Software-Updates ausbügeln. Doch mit jeder Verbesserung lernt das System dazu.

Mercedes-Benz und BMW kombinieren in ihren adaptiven Tempomaten in der Regel mehrere Sensoren: Radar, Stereokameras und Ultraschall. Das KI-Element zeigt sich vor allem in der Sensordatenfusion und Szeneninterpretation. Der Abstandsassistent (Distronic bei Mercedes, Active Cruise Control bei BMW) erkennt nicht nur ein einzelnes Fahrzeug voraus, sondern bewertet die Verkehrssituation: fährt das vorausfahrende Auto konstant oder verzögert es? Schneidet ein anderes Fahrzeug hinein? Wie schnell nähern wir uns einem langsameren Verkehr? Hier kommen prädiktive Algorithmen zum Einsatz, teilweise mit KI-Unterstützung, die ein sanftes Einregeln ermöglichen. Die Systeme sollen so vermeiden, dass unnötig stark gebremst oder beschleunigt wird – was Komfort und Verschleiß zugutekommt. Mercedes integriert bei seinen neuesten Generationen außerdem Kartendaten und Verkehrsschilder in die Tempomatregelung (sogenannte streckenbasierte Geschwindigkeitsanpassung): Nähert sich das Fahrzeug z.B. einer schärferen Kurve, einem Kreisverkehr oder einem Tempolimit, reduziert der Tempomat vorausschauend die Geschwindigkeit, noch bevor der Vordermann langsamer wird. Möglich macht dies eine KI-gestützte Auswertung von Navigationsdaten und Schild-Erkennungskameras, die dem System Kontext liefern. BMW bietet Ähnliches im Rahmen des Driving Assistant Professional, wo ebenfalls Tempolimits automatisch übernommen werden können und die Geschwindigkeit vor Kurven oder Ausfahrten angepasst wird.

Eine spannende aktuelle Entwicklung ist der Schritt von Level-2-Systemen (wie adaptiver Tempomat mit Spurhalteassistent) hin zu hochautomatisierten Fahrfunktionen (Level 3). Hier ist Mercedes-Benz Vorreiter: Mit dem Drive Pilot hat Mercedes 2022 als erster Hersteller eine behördlich zugelassene Level-3-Autonomie in Serie gebracht (zunächst in der S-Klasse in Deutschland). Der Drive Pilot übernimmt im dichten Autobahnverkehr bis 60 km/h komplett die Fahraufgabe – der Fahrer darf die Hände vom Lenkrad nehmen und muss nicht permanent überwachen. Grundlage dafür ist ein sehr fortschrittliches Abstands- und Spurhaltesystem, das dank KI und zusätzlicher Sensoren (u.a. LiDAR, HD-Karte, und Kameras) die Umgebung verlässlich einschätzt. Praktisch ist Drive Pilot die konsequente Weiterentwicklung des adaptiven Tempomaten: KI-Algorithmen entscheiden situativ über Abstände, halten die Spur und können im Notfall auch komplexe Reaktionen (Vollbremsung, Ausweichmanöver innerhalb der Spur) ausführen. Dieses Beispiel zeigt, wie ein mit KI verbessertes Abstandsregelsystem zum Fundament für autonomes Fahren wird.

Vorteile: Adaptive Tempomaten mit KI-Unterstützung erhöhen in erster Linie die Verkehrssicherheit und den Komfort. Sie reagieren schneller und gleichmäßiger als ein Mensch auf Geschwindigkeitsänderungen des Vordermanns, was Auffahrunfälle vorbeugt. Im Stop-and-Go-Verkehr entlasten sie den Fahrer erheblich, indem sie permanentes Bremsen und Anfahren automatisch erledigen. Dank intelligenter Strategien (z.B. das Vorausahnen von Spurwechseln anderer Verkehrsteilnehmer) kann der Verkehrsfluss harmonisiert werden – das Fahrzeug bremst seltener abrupt, was auch dem nachfolgenden Verkehr zugutekommt. Zudem ermöglichen es diese Systeme dem Fahrer, entspannter längere Strecken zurückzulegen. Viele Fahrer berichten, dass sie mit aktiviertem adaptivem Tempomat weniger ermüden, da monotone Aufgaben abgegeben werden.

Durch KI wird der adaptive Tempomat immer „smarter“: Künftige Versionen könnten sich – wie erwähnt – sogar individuell an den bevorzugten Fahrstil anpassen (sportlich oder komfortbetont) und noch engmaschiger mit anderen Assistenten vernetzen. Schon heute arbeiten Abstandsregelung, Spurführung und Notbremssystem Hand in Hand. Letztlich bildet der KI-gestützte adaptive Tempomat einen wesentlichen Baustein auf dem Weg zum autonomen Fahren, bleibt aber gleichzeitig im Hier und Jetzt ein sehr greifbarer Nutzenbringer für den Autofahrer.

Diese Beispiele zeigen, dass Künstliche Intelligenz längst in der Automobilbranche angekommen ist – nicht als futuristische Spielerei, sondern als konkret erfahrbarer Mehrwert. Ob Sprachassistenten, die im Dialog mit dem Fahrer stehen, Gestensteuerungen, die Handbewegungen verstehen, intelligente Auswertung des Fahrverhaltens für mehr Sicherheit und personalisierte Funktionen oder adaptive Fahrassistenten, die mit vorausdenkender KI den Verkehr meistern: Moderne Fahrzeuge sind durchzogen von solchen Technologien. Besonders Hersteller wie BMW, Mercedes-Benz und Tesla integrieren KI-Features in großem Umfang in ihre aktuellen Modelle und entwickeln sie ständig weiter. Für den Fahrer bedeutet dies mehr Komfort, mehr Sicherheit und ein Fahrzeug, das sich ein Stück weit wie ein mitdenkender Partner verhält. Die Automobilbranche erlebt damit einen Wandel: Weg von rein mechanischen Maschinen hin zu smarten Mobilitätsbegleitern. Dabei steht die Entwicklung erst am Anfang – doch schon die heutigen Anwendungen markieren einen entscheidenden Fortschritt, der das Fahren angenehmer und sicherer macht.

QUELLEN:

  • Automobil Industrie – "Gestensteuerung im Automobil" (2020) 

  • Mercedes-Benz Pressemitteilung – "MBUX Sprachassistent und KI-gesteuerte Wissensfunktion ermöglichen natürliche Gespräche" (17.12.2024) 

  • BMW.com – "BMW iDrive – Evolution von Steuerung und intelligenter Konnektivität" (18.12.2024) 

  • Shop4Tesla Blog – "Tesla Sprachassistent: Fahrzeug reagiert erstmals auf deine Stimme" (13.12.2024)

  • The Verge – "Mercedes-Benz’s voice assistant is getting an AI boost" (09.01.2024) 

  • CarEdge – "Cars with AI in 2024: It’s Not Just Tesla – Mercedes-Benz Joins the Forefront" (2024)